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Müsliriegel und Bananen

Unser Triathlon aus Helfersicht (VIGLi, Juni 2022)

15.06.2022

„Ich könnte gut Bananen schneiden“, sagte ein Frank* und ich dachte, wann hat das eigentlich angefangen, dass wir Bananenschneider suchen statt Sportskanonen. Das ist jedenfalls schon ziemlich lange her, dass die Franks sagten, wir müssen Mal einen Triathlon organisieren, denn wer Spaß an sowas hat, der will das auch anderen ermöglichen.

Das leuchtet mir zwar ein, aber ich gebe zu, ich hätte zwischenzeitlich die Flinte im Korn bzw. den Mut im Pool versenkt. Schließlich ist so eine Veranstaltung aus schwimmenden, radelnden und rennenden Athleten ein ziemliches Gewusel und die Vorbereitungen sind ungefähr so komplex wie ein Haus zu bauen. Ich hatte immer Mal den Eindruck, wir haben schon ein solides Dach und einen hübschen Schornstein, aber irgendwie fehlt das Erdgeschoss und der Eingang. Für diese Phasen haben wir aber einen Ober-Frank, der dann mit sonorer Stimme sagt: „Ja, ja, das stimmt schon, aber das kriegen wir noch hin.“

Also zum Beispiel den Rasen für die Wechselzone, der monatelang eine Geröllwüste war oder die Pandemie, die ja angeblich alles Mögliche verhindert hat. Bei uns gab es dann einfach Hygienekonzepte und Testcenter und es störte auch niemanden, dass manches Dank Sonnenschein und sinkender Krankenstände wieder überflüssig wurde. Wir waren einfach für jeden Fall gerüstet und eben auch zum Bananen schneiden.

In den letzten Tagen vor dem Ereignis bildete sich dann so ein glitzernder Spannungskokon um die Franks und Frankines, aus dem heraus sich noch die Lösungen der allerletzten Probleme verpuppten. Also zum Beispiel, ob die Signalwesten besser mit „Helfende“ bedruckt werden sollten, statt mit „Helfer“, damit sich auch wirklich jeder gemeint fühlt. Das sind dann allerdings so viele Buchstaben, dass wir nur noch XL-Größen verwenden können, und das passt nun auch nicht jedem. Oder die Frage, wie ein Triathlonanzug ohne deren Besitzerin an den Start kommt. Nicht damit er als Phantom startet, sondern einer neuen Besitzerin übereignet wird. Das ist ganz einfach: Das sportliche Kleidungsstück wird bei einem Frank vor die Tür gelegt, der es dann am besagten Morgen einpackt und an die neue Nutzerin weiterleitet bevor er sich um die Bananen kümmert. Wir kriegen das hin.

Auch die Tatsache, dass just am Tag des legendären ersten Bochum Triathlons zwei Liga-Starts anstanden, sorgte nur kurzfristig für Irritation. Immerhin können auch Franks nicht gleichzeitig in Harsewinkel und Bochum sein. Die Lösung lag aber auf der Flosse: In einem Schwimmverein mit über 6000 Mitgliedern finden sich neben den Triathleten noch andere nette Menschen, die bereitwillig sieben Stunden hinter einem Eisengitter sitzen.

Oder besser gesagt stehen und schreien, denn der Athlet im Adrenalinrausch braucht regelmäßige Ansprache.

Vielleicht sollten wir zukünftig nicht nur die Bahnen und Runden zählen, sondern auch die Anfeuerungsrufe und wären damit wohl Anwärter fürs Guinessbuch der Rekorde.

Eine weitere Aufgabe sind die Begegnungen mit der mehr oder weniger verständigen Nachbarschaft. Manche hatten ihr Auto dem Abschleppdienst überlassen, weil sie das mit der Streckensperrung nicht so ernst genommen haben. Die waren dann eher nicht so gut auf die Veranstaltung zu sprechen. Die meisten waren aber fasziniert, wie es sein konnte, dass auf der Königsallee plötzlich nur noch Radfahrer flitzten und ließen sich beim Gassi-Gang mit ihrem Waldi gerne umfassend von den Streckenposten beraten. Helfer sind also eine Mischung aus Moderator, Schlichtungsstelle, Flatterbandknoter und Bananenschneider. Deswegen ist es wichtig, dass sich jemand um das Wohl dieser Allrounder kümmert.

Da kam nun ich ins Spiel, als rollendes Schlaraffenland oder eher Miss Müsliriegel. Wir haben diese Riegel nämlich auf Grund eines Bestellfehlers in so ausreichender Menge gebunkert, dass wir wahrscheinlich den Rest des Jahres noch jedem Interessenten einen Wettkampf-Gedächtnisriegel übereignen könnten. Am besten mit dem Aufdruck 18. Juni 2023, denn da ist die Neuauflage des Triathlons schon geplant. Aber zunächst stopfte ich mir die Riegel in die Satteltaschen meines Tourenrads, dazu Wasserflaschen und einmal Wurst und Bier. Das hatte ein Frank in Auftrag gegeben und dabei bestimmt gedacht, ich höre ihm sowieso nicht zu. Als es heißer wurde, packte ich auch noch ein paar Weintrauben ein. Aber im Wesentlichen hatte ich keinen Gemischtwarenladen, sondern Müsliriegel. Wahlweise Schokoladen- oder Bananengeschmack. Die an den Mann oder die Frau zu bringen, war nicht immer einfach, denn Triathleten kommen natürlich locker sieben Stunden ohne Essen aus und außerdem schreit es sich mit vollem Mund schlecht.

Nach den ersten drei Stunden als Schlaraffenland-Radlerin war ich dann selber froh über meinen Proviant und befand, dass Miss Müsli auch kosten sollte, was sie verteilt. Wahrscheinlich hat das mein Müsli-Lächeln intensiviert, jedenfalls fanden die Körnerbriketts immer besseren Absatz. 

Vielleicht sind sie also bis 2023 doch alle gegessen und eventuell ist bis dahin auch die Baustelle auf der Königsallee fertig gestellt, die der Radstrecke diesmal noch eine besondere Atmosphäre verlieh. Wer erlebt so etwas schon, dass er auf der Pracht-Allee nebst den Bäumen auch ein paar Bagger zu sehen bekommt? Wir kriegen das hin.

Ansonsten muss man festhalten, dass die Streckenführung einmal mehr zeigte, wie grün es in Bochum ist. Wer an der Wende falsch abgebogen wäre, hätte sogar noch Eier von freilaufenden Hühnern kaufen können. Statt Eier gab es allerdings am Schluss Medaillen, Urkunden, Applaus und beste Stimmung bei bestem Wetter und selbst gebackenem Kuchen.

Ich war dann aber zu müde, um mich in die Schlange an der Theke zu stellen und habe einfach einen Müsliriegel gegessen.

 

VIGLi, Juni 2022 (http://www.vigli.de/index.php)

 

*Frank nenne ich alle Triathleten aus meinem Verein, wie in meinen Büchern hinreichend erklärt.